Schön, dass Sie da sind!

Schön, dass Sie da sind!

Schön, dass Sie da sind!

# Predigt

Schön, dass Sie da sind!

Liebe Gemeinde, 

Sie kennen die Klage, dass die Kirchen leerer werden, dass die Gottesdienste schlecht besucht seien.  

Zum einen kann ich diese Klage nicht ganz nachvollziehen, weil wir hier in der Friedenskirche eigentlich ganz ordentlichen Gottesdienstbesuch haben. Vorgestern und gestern hatten wir erstes Abendmahl unserer Konfis und Konfirmation. Da war die Kirche zweimal hintereinander sowieso voll, gestern Nachmittag sogar bis auf den letzten Platz gefüllt. 

Und heute sind wir wieder um die 30 Personen. Das mag für die Friedenskirche nicht viel Besuch sein. Aber niemand würde klagen, wenn überall in jeder Kirche Offenbachs Sonntag für Sonntag 30 oder mehr Leute säßen. Ich freue mich jedenfalls Sonntag für Sonntag, Sie hier zu sehen! 

Zum zweiten darf man nicht vergessen, dass die Gottesdienste ganz früher, also bis in die sechziger, siebziger Jahre, deshalb so gut besucht waren, weil es auch zum guten bürgerlichen Ton gehörte, sich sonntags in der Kirche blicken zu lassen, herausgeputzt im schönsten Sonntagskleid. Und da kann ich nur sagen: Ein Glück, dass diese Zeiten vorbei sind! 

Und der Predigttext für den heutigen Sonntag bestätigt das eigentlich nur. Darin spricht Jesus zu seinen Landsleuten, zu denen, in deren Tradition und Religion er aufgewachsen ist – und die auch aus ihrer Tradition und Religion eine allgemeinen religiöse Verpflichtung zu allen Feiertagen machen. Und er schimpft sie aus. 

Jesus sagt zu ihnen: 

„Ihr erforscht die Heilige Schrift, weil ihr meint, durch sie das ewige Leben zu haben. Tatsächlich ist sie mein Zeuge.

Doch ihr wollt nicht zu mir kommen, um das ewige Leben zu haben. 

Ich (also Jesus) bin nicht darauf aus, von Menschen geehrt zu werden. Vielmehr kenne ich euch und weiß, dass ihr keine Liebe zu Gott in euch habt.

Ich bin im Auftrag meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht auf. Wenn aber ein anderer in seinem eigenen Auftrag kommt, den werdet ihr aufnehmen.

Wie könnt ihr überhaupt zum Glauben kommen? Es geht euch doch nur darum, dass einer vom anderen geehrt wird!

Aber ihr strebt nicht nach der Ehre, die nur der einzige Gott schenkt. 

Ihr braucht nicht zu denken, dass ich euch vor dem Vater anklagen werde. Es ist vielmehr Mose, der euch anklagt – Mose, auf den ihr eure Hoffnung gesetzt habt. Denn wenn ihr Mose wirklich glauben würdet, dann würdet ihr auch an mich glauben. Denn von mir hat er geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie wollt ihr dann meinen Worten glauben?«

 

Liebe Gemeinde, genau das, was Jesus seinen Landsleuten und Zeitgenossen vorwirft, würde ich heute in diesem Raum so nicht sagen wollen. Denn ich weiß ja, dass Sie nicht gekommen sind, weil sie darauf aus sind, von Menschen geehrt zu werden. Sondern Sie suchen das ewige Leben, und Sie suchen das erfüllte und gute Leben. Sie suchen ja gerade nicht Ehre bei den Menschen. Würden Sie das in den heutigen Zeiten tun, wären Sie vermutlich nicht hier. 

Und damit sind wir beim Kern dessen, wofür Jesu Botschaft eigentlich steht. Sie ist nicht Moral, sondern Herzensbildung. Sie belehrt nicht, sondern sie richtet auf. Sie sucht nicht die Ehre, die Menschen suchen, sie sucht die Ehre bei Gott. 

Die Botschaft Jesu zielt auf eine Sinnesänderung, auf einen Sinneswandel – dass wir uns wachrütteln lassen, Sonntag für Sonntag wachrütteln lassen von seiner Botschaft. Und darum soll es ja auch gehen, wenn wir uns im Gottesdienst versammeln. 

Sich wachrütteln lassen, heißt: Den nicht zu verpassen, der im Auftrag des wahren, des einzigen Gottes zu uns kommt. Werden wir, wenn Gott plötzlich vor uns steht und seine Forderung an uns stellt, den Ernst der Lage überhaupt wahrnehmen? Werden wir Gottes Forderung a uns wahrnehmen? Werden wir dann das Richtige tun? Werden wir dann Gott die Ehre geben – und nicht den Menschen?

Das ist doch die Frage, die uns alle hier im Raum umtreibt; auch rückblickend umtreibt und manchmal auch quält: Haben wir in der vergangenen Woche gespürt, was die eigentliche Forderung an uns war? Haben wir richtig reagiert, sind wir dem gerecht geworden, was von uns verlangt war, was Gott von uns verlangt hatte? Oder haben wir sein Kommen erst im Nachhinein gemerkt, wieder mal viel zu spät, haben alles vermasselt, die falschen Worte gefunden, uns mit unseren Worten verrannt? Haben wir den richtigen Moment wieder einmal verpasst? 

Liebe Gemeinde, aus dieser Spannung kommen wir im Alltag nie ganz heraus: Dass wir so gerne das Richtige tun würden, das richtige Leben führen würden – aber dass wir doch immer wieder daran scheitern und uns dieses Scheitern innerlich quält. 

Und deshalb kommen wir Sonntag für Sonntag in den Gottesdienst, lassen uns erinnern, dass wir getauft sind, dass wir – wie Zweige in einen alten Ölbaum – in Christus eingepfropft sind, dass wir zu ihm gehören, dass er uns nahe sein will, dass er uns zurückholen will auf den Weg des Lebens, auf den Weg eines guten und gnädigen Miteinanders. 

Dass er uns zurückholen will auf einen Weg, auf dem wir aufeinander achtgeben – auf dem wir Ausschau halten, dass niemand von uns verloren geht. Dass wir unsere gesellschaftlichen Barrieren überwinden, dass wir eben nicht die bürgerliche Ehre über uns bestimmen lassen, sondern dass wir den Lazarus wahrnehmen, der auf unserer Türschwelle hockt und der seinen Hunger mit den Resten vom Tisch des Reichen stillen möchte. 

Und deswegen möchte ich den Predigttext für Sie, die Sie ja mit sich ins Gericht gehen und nach Gott und nach Christus Ausschau halten, neu schreiben. Ich schreibe Jesu Worte aus dem Predigttext einfach um. Sie klingt nun ganz anders:  

Ihr wollt zu Christus kommen, um das ewige Leben zu haben. Nach ihm sucht ihr, wenn ihr die Heilige Schrift erforscht. Und tatsächlich ist sie sein Zeuge. 

Denn er, Jesus Christus, ist nicht darauf aus, von Menschen geehrt zu werden. Er kennt euch und er weiß, dass ihr euch nach mehr Liebe zu Gott in euren Herzen sehnt. 

Er kommt im Auftrag des himmlischen Vaters zu euch, und ihr haltet Ausschau und möchtet ihn aufnehmen. Ihn, der wahrhaft vom Himmel zu uns kommt – und nicht irgendjemanden sonst, der große Töne spuckt und sich als Gottessohn anpreist. 

Denn ihr strebt nicht nach der Ehre der Menschen. 

Ihr strebt nach der Ehre, die nur der einzige Gott schenkt. 

Ihr wisst: Auch wenn ihr Gott verfehlt, wird Christus euch nicht vor Gott verklagen. 

Sondern schon Mose hat Christus als den bezeugt, der er ist: euer Retter. Vertraut auf dieses Versprechen. Lasst Christus in eure Herzen einziehen. Lasst euch von ihm wachrütteln. Dann wird euer Herz voll Freude sein. 

Amen. 

Dies könnte Sie auch interessieren

0
Feed