
27/07/2025 0 Kommentare
Einladend, offenherzig, großzügig
Einladend, offenherzig, großzügig
# Predigt

Einladend, offenherzig, großzügig
Liebe Gemeinde!
„Kommt her zu mir“, so fängt der Wochenspruch am heutigen Sonntag an. „Kommt her.“ Ich mag diese bedingungslose Einladung. „Kommt einfach.“ Nicht: „Mal sehen, wann ich Zeit habe. Diese Woche ist schlecht. Nächste Woche Mittwoch vielleicht, passt es zwischen 16 und 18 Uhr?“ So oder so ähnlich sage ich es meistens, wenn ich mit jemandem einen Termin ausmache. Und – klar – ich will ja auch die anderen nicht enttäuschen, mit denen ich mich auch vereinbart habe.
Aber im Wochenspruch heißt es: „Kommt her zu mir“ – einfach so. Mehr noch: „Kommt her zu mir, alle!“ Ausnahmslos alle! Kommt einfach. Keine realistische Begrenzung. Keine Abgrenzung. Kein Selbstschutz. Einfach nur bedingungslose Hingabe. – Wann wurden Sie zuletzt so eingeladen?
Aber wenn man so eingeladen wird, kommen einem ja schnell die Bedenken: „Wie – ich – ich soll kommen? Mir geht es gar nicht gut. Lass mal, ich will eure Kreise nicht stören. Ich bin gerade nur eine Spaßbremse. Mir geht es hundeelend. Mit mir mach das Feiern doch bestimmt keinen Spaß!
Aber die Einladung geht noch weiter: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.“ Der Wochenspruch gibt das Thema für den heutigen Sonntag vor: Gott ist einladend. Gott ist großzügig. Gottes Offenherzigkeit übertrifft alles, was wir zu bieten haben.
Vorgestern hatten wir hier im Garten unser großes Gemeindefest. Und ich glaube, dass es die ungezwungene und liebevolle Atmosphäre ist, die dieses Fest so zauberhaft schön macht. Natürlich auch die Band mit ihren wunderbaren Latin-Klängen. Aber es ist diese Offenheit – wie Lisa Klein ihren Garten einfach für alle öffnet. Und es ist ihr Garten. Sie steht jeden Abend und jeden Morgen mit dem Schlauch da und wässert den Rasen, die Blumen. Sie bindet die Blüten hoch und ärgert sich, wenn ihr dabei mal eine oder zwei abbrechen. Sie besorgt neue Pflanzen, pflanzt sie ein, topft sie um, umsorgt sie. Sie und ihr Mann Jochen Krimm kümmern sich um die Hühner, bringen sie abends ins Bett und lassen sie frühmorgens wieder aus ihrem Hühnerhaus.
Aber wenn hier Gemeindefest ist, wenn hier Veranstaltungen im Garten sind, Yoga auf dem Rasen, Entdeckerclub mit Kindern auf den Spielgeräten, wenn Freundinnenkreise unter den Bäumen sitzen, und wenn heute nach unserem Gottesdienst eine Taufe im Garten gefeiert wird – mit anschließendem Sektempfang – wenn der Garten seine Tore öffnet, dann ist es so, als würde Lisa Klein sagen: „Kommt her, alle.“ Kommt her alle, die ihr mühselig und beladen seid, kommt in diese grüne Oase, an diesen Ort der Ruhe. Lasst euch erquicken.
Die Predigttexte, die im Turnus von sechs Jahren diesem zweiten Sonntag nach Trinitatis zugeordnet werden, sind alle so. Sie alle handeln von der großen Einladung Gottes, die unsere städtische, eingetaktete und hastige Einladung jämmerlich gering und ängstlich aussehen lässt.
Der Predigttext für den heutigen Sonntag steht im hinteren Teil des Jesajabuches, Kapitel 55, die ersten fünf Verse. Es ist eine Einladung dazu, den dürren Alltag, das geschäftige Einerlei liegen zu lassen und sich von Gott zu seinem großen Fest einladen zu lassen. Der Predigttext geht so:
»Auf, ihr Durstigen, hier gibt es Wasser!
Auch wer kein Geld hat, kann kommen.
Kommt, kauft euch zu essen!
Kommt und kauft ohne Geld!
Wein und Milch – sie kosten nichts.
Warum wollt ihr Geld ausgeben für Brot, das nicht wie Brot schmeckt?
Warum wollt ihr euren mühsam verdienten Lohn für etwas vergeuden, das nicht satt macht?
Hört doch auf mich, dann bekommt ihr Gutes zu essen und könnt köstliche Speisen genießen.
Hört mich an und kommt zu mir!
Hört, dann lebt ihr auf!«
So beginnt der Predigttext, mit einer Einladung zu einem richtigen und auskömmlichen Miteinander. Zu einem Miteinander, das wirklich satt macht, von dem man nicht zum nächsten Termin weiterhetzt, sondern bei dem man sich zurücklehnen und genießen und sagen kann: „Das ist gut so. So soll es sein.“
Und, als wolle Gott unterstreichen, dass er nicht nur sein auserwähltes Volk Israel zu seinem großen Fest einlädt, sondern auch die anderen Völker, auch diejenigen, die den Gott Israels gar nicht kennen, fährt er fort, indem er den großen König David beschwört, der über Israel geherrscht hat, künftig aber Völker von überall zusammenführen soll. Da heißt es:
»Ich will mit euch (also mit Gottes Volk Israel) einen Bund schließen, der für immer besteht.
Was ich dem König David für immer versprochen habe, gilt auch für euch.
Ihn habe ich ja dazu bestimmt, Völker zu beherrschen und ihnen Befehle zu erteilen.
So sollte er meine Macht vor den Völkern bezeugen.
Ihr werdet Leute herbeirufen, die ihr nicht kennt.
Und Leute, die euch nicht kennen, kommen herbei.
So will es der Herr, euer Gott, der Heilige Israels.
Er lässt euch diese Ehre zuteilwerden.«
Andernorts preist Jesaja diesen König David als Friedensherrscher, als Friedefürst. Er wird auch anderen Völker als Israel den Frieden schenken: Israelis wie Palästinensern, Ukrainern und Russen, Menschen unterschiedlicher politischer Gesinnung, Menschen unterschiedlicher Religionen, unterschiedlicher Bräuche, unterschiedlicher Umgangsweisen.
Ja, so stelle ich mir Gott vor: einladend, offenherzig, großzügig. Und wenn wir unsere Aufgabe als Christinnen und Christen darin sehen, von Gott zu reden, seine Wohltaten zu verkünden, wie könnten wir es dann besser tun, als uns eine Scheibe davon abzuschneiden und selbst einladend zu werden, offenherzig und großzügig. Dass wir andere so aufnehmen, wie wir selbst aufgenommen sein wollen. Dass wir den Widerhall von Gottes Worte in dem spüren, wie wir auf andere zugehen – auch in unseren kleinlichen, pflichtbewussten und terminlich wohlkoordinierten Einladungen. Und dass wir einander immer wieder zusprechen, was Gott uns zuspricht: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken“. Amen.
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