Passionspunkt IV: die Friedenskirche Offenbach und die Offenbacher Haggadah

Passionspunkt IV: die Friedenskirche Offenbach und die Offenbacher Haggadah

Passionspunkt IV: die Friedenskirche Offenbach und die Offenbacher Haggadah

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Passionspunkt IV: die Friedenskirche Offenbach und die Offenbacher Haggadah

Anmoderation: Burkhard Weitz

Der Offenbacher Anwalt Dr. Siegfried Guggenheim war gebürtig aus Worms (geb. 1873). Er ließ sich 1900 als Anwalt in Offenbach nieder; 1919 bekam er auch seine Zulassung als Notar. 

Guggenheim war mit dem protestantischen Schriftkünstler Rudolf Koch befreundet. 1927 brachte Guggenheim die "Offenbacher Haggadah" heraus, die Ordnung, nach der seine Familie traditionellerweise den Sederabend beging. 

1933 wurde Guggenheim die Zulassung als Notar entzogen. Nach der Pogromnacht am 9. November 1938 wurde er ins KZ Buchenwald deportiert. Nach seine Freilassung emigrierte er in die USA. 1941 wurde ihm und seiner Frau die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. 

Guggenheim ist zu Lebzeiten nie wieder nach Offenbach zurückgekehrt. In seiner zweiten Auflage der Offenbacher Haggadah äußerte er seine tiefe Enttäuschung über die Feindseligkeit, die seiner Familie und allen Juden in Nazideutschland entgegenschlug, indem er das folgende Gedicht von Karl Wolfskehl in die Haggadah einfügt (das "Wir" steht für die Juden im Allgemeinen): 

AM SEDER ZU SAGEN

Immer wieder, wenn vom Wanderstaube
Müde wir geruht in andrer Laube, 
Riß der andern Faust uns auf voll Drohnen:
Ihr gehört nicht her, macht euch davon!
Immer wieder. 

Immer wieder, wenn in Werk und Taten; 
Helfer, Deuter wie zu andern tragen,
Ließen sie sich's eine Zeit gefallen.
Sperrten danklos dann uns Haus und Hallen. 

Immer wieder, wenn wir uns vergaßen,
Selig singend mit den andern saßen, 
Fiel in unsern Wein ein Tropfen Lauge, 
Traf uns böser Blick aus kaltem Auge. 

Immer wieder, wenn wir gläubig trauten,
Hart am Abgrund unsere Hütten bauten, 
Wankt' uralter Fels, zerbrach der First: 
Merke, dass du nirgends heimisch wirst. 
Immer wieder!

Immer wieder bei der Hölle Sieden
Schreien wir zum Herrn, uns zu befrieden - 
Will Dein Wort nicht Wurzel in uns schlagen, 
Endlich die gelobten Früchte tragen?

Siegfried Guggenheim starb 1961 in Flushing, New York. Auf eigenen Wunsch wurde seine Urne im Familiengrab seiner Frau auf dem Alten Friedhof in Offenbach beigesetzt.


Durch den Abend führte Rabbiner Andrew Steiman von der Budge-Stiftung in Frankfurt-Seckbach

Rabbiner Steiman erläuterte 

- die jüdische Herkunft der christlichen Feste, 

- die Bedeutung des Pessach-Festes als eines Freiheitsfestes, 

- die Bedeutung der Haggadah (Erzählung) für den Sederabend nach 5. Mose 6 (s.u.)*,

- die Bedeutung des Weines und der Segenssprüche, 

- die Bedeutung der Zutaten und wie und in welcher Reihenfolge gegessen wird 

- und einige Besonderheiten der Offenbacher Haggadah. 

Die Ausführungen sind nicht schriftlich festgehalten worden. Sie ergaben sich spontan während des Abends. 

*5. Mose 6,20-23: "Wenn nun dein Kind dich morgen fragt: Was sind das für Vermahnungen, Gebote und Rechte, die euch der HERR, unser Gott, geboten hat?, so sollst du deinem Kind sagen: Wir waren Knechte des Pharao in Ägypten, und der HERR führte uns aus Ägypten mit mächtiger Hand; und der HERR tat große und furchtbare Zeichen und Wunder an Ägypten und am Pharao und an seinem ganzen Hause vor unsern Augen und führte uns von dort weg, um uns hineinzubringen und uns das Land zu geben, wie er unsern Vätern geschworen hatte. ..."

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