Ermutigung

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# Predigt

Ermutigung

Liebe Gemeinde, 

was sagen Sie einem niedergeschlagenen Menschen, der ihnen erzählt, wie er sich ständig an anderen misst? Wie er sich mit anderen vergleicht und sich selbst nicht gut genug findet. Einem Menschen, der sagt: Die aus meiner Schule machen so tolle Sachen, sind ständig auf Partys unterwegs, und was mach ich? Oder der jammert: Die Nachbarn haben so viel Geld, dass sie ständig Urlaub machen – und ich? Oder den bedrückt: Meine Eltern haben es so weit gebracht, und ich?

Natürlich sagen Sie diesem Menschen: „Du musst dich nicht vergleichen, du bist gut, so wie du bist. Schau auf das, was du hast, was du alles kannst! Du musst nicht das haben und auch nicht das können, was andere haben und können. Du besitzt etwas anderes, und du kannst andere Dinge. Ich finde dich toll, so wie du bist.“ 

So etwas von der Art werden Sie sagen. Und je mehr Sie das auch wirklich so meinen, desto überzeugender wird es sein. Sie können andere ermutigen, wenn Sie ihre Stärken wirklich sehen. Dann können Sie Ihre Botschaft auch überzeugend rüberbringen. 

Der Predigttext für den heutigen Sonntag, will genau das. Und das sage ich Ihnen deshalb schon einmal vorweg, weil ich mich lange Zeit überhaupt nicht mit diesem Text anfreunden konnte.  

Der Predigttext liest sich wie ein Ratgeberbuch. Tu dies, tu das, und dann wird es dir besser gehen. Nur: So funktioniert das Leben nicht. Wir leben von Zuspruch, Stärkung, Ermutigung, nicht von Tipps, was wir alles besser machen können. 

Gute Ratschläge brauchen wir nicht. Wir sehen ja selbst, woran es uns mangelt, wie der niedergeschlagene Mensch, der sich immer mit anderen vergleicht. Aber nun lese ich den Predigttext als Ermutigung, als Zuspruch. Ich fasse ihn mit folgenden Sätzen zusammen: 

  • Lass dich aufrichten, lass dich ermutigen. 
  • Suche nicht den kurzfristigen Gewinn. 
  • Lerne zu schätzen, wie reich du schon bist. 
  • Du bist von Gutem umgeben. 
  • Folge Christus, und du wirst es verstehen.

Der Predigttext steht im Hebräerbrief, Kapitel 12, ich lese ab Vers 12 vor und teile den Predigttext in fünf Abschnitte. Und ich überschreibe den ersten Absatz mit: Lass dich aufrichten, lass dich ermutigen. Ich lese vor: 

Macht die müden Hände und die erlahmten Knie wieder stark!
Und schafft für eure Füße gerade Pfade.
Denn was lahm ist, soll nicht auch noch fehltreten, sondern geheilt werden.

Bemüht euch um Frieden mit allen Menschen und auch um Heiligkeit.
Ohne sie wird niemand den Herrn sehen.

Achtet darauf, dass niemand zurückbleibt 
und so die Gnade Gottes verliert. (Hebr. 12,12-15a)

Man kann das lesen wie ein: „Reiß dich zusammen, greif doch mal richtig zu und drück dich doch mal richtig durch! Du bist schon so lahm, mach jetzt nicht noch einen Fehltritt. Du bist schon im Streit mit jedermann, bemüh dich um Frieden.“ 

So kann man das lesen. Man kann aber auch lesen: „Richtet einander auf. Seht die Stärken an den anderen, nicht ihre Schwächen. Seid Ermutigende, lasst niemanden zurück.“ 

Wie man solche Hinweis liest, hängt ganz von der eigenen Stimmung ab. Ich empfehle sie wohlwollend zu lesen, damit man das Beste nicht verpasst. Denn das kommt erst zum Schluss

Den zweiten Abschnitt überschreibe ich mit: Suche nicht den kurzfristigen Gewinn. Tatsächlich lässt auch er sich wie eine Ermahnung lesen. Es ist eine Warnung mit einem schlechtem Beispiel. 

Sie kennen vielleicht die Geschichte von Esau und Jakob. Beide sind Zwillinge, Esau ist nur etwas eher aus dem Mutterleib gekommen als Jakob und gilt somit als Erstgeborener und Erbe. Doch eines Tages kommt Esau, der rauhe Landarbeitertyp, müde vom Feld, und Jakob, der sanfte Haushaltstyp hat gerade ein schönes Linsengericht gekocht. Esau, der rauhe Landarbeitertyp, ist hungrig und will das Gericht haben. Jakob, der sanfte Haushaltstyp, ist listig und will es ihm verkaufen – gegen das Recht des Erstgeborenen. Was kümmert so einen rauhen Landarbeitertypen das Recht der Erstgeburt, wenn er doch so einen leckeren Eintopf vor Augen hat! Esau willigt ein und nimmt den kurzfristigen Gewinn mit. Am Ende steht er ohne den Segen des Vaters da, ohne das Erbe, das ihm eigentlich als Erstgeborenen zugestanden hätte. 

Der Predigttext warnt davor, an den kurzfristigen Gewinn zu denken Deswegen die Überschrift. Suche nicht den kurzfristigen Gewinn. Ich lese den nächsten Abschnitt vor. 

„Lasst keinen Spross aus einer giftigen Wurzel aufgehen.
Sonst richtet sie Unheil an, und viele werden durch sie vergiftet.“

Niemand soll unmoralisch oder ohne Gott leben wie Esau.
Der hat für eine einzige Mahlzeit sein Recht als Erstgeborener verkauft.
Ihr wisst ja: Als er später den Segen und damit sein Erbe haben wollte, wurde er verworfen. Er fand keine Möglichkeit, sein Leben zu ändern, obwohl er unter Tränen danach suchte, das unvergängliche Reich empfangen. (Hebr. 12,15b-17)

Auch das lässt sich als Botschaft an den niedergeschlagenen Menschen lesen, der sich mit anderen vergleicht: Versuch nicht, wie die anderen zu sein. Jetzt erscheint es dir wie ein Gewinn, aber was hast du auf lange sich davon. Konzentriere dich auf deine Stärken. Du hast viele davon. 

Den dritten Abschnitt überschreibe ich mit: Lerne zu schätzen, wie reich du schon bist. Schau auf das, was dir jetzt unscheinbar erscheint. Lass es strahlen. Der Predigttext nennt das was sich in den Vordergrund drängt, den „Berg Sinai, den man anfassen kann“; und das, was nur auf den zweiten Blick sichtbar ist, den Berg Zion, die Stadt des lebendigen Gottes“. Ich lese weiter.

18 Ihr seid nicht zum Berg Sinai gekommen, den man anfassen kann – nicht zu dem brennenden Feuer, zu Dunkelheit, Finsternis und Sturm. 

22 Ihr seid vielmehr zum Berg Zion gekommen und zur Stadt des lebendigen Gottes: zum himmlischen Jerusalem. (Hebr. 12,18+22a)

Sieh nicht nur auf das, was allen auf den ersten Blick sichtbar ist. Nimm auch das andere in den Blick, das Unscheinbare. Ändere deine Perspektive auf die Dinge.  Sieh nicht auf das Schlechte, sieh auf das Gute. Denn du bist von Gutem umgeben. Ich lese weiter vor:

Ihr seid zu Zehntausenden von Engeln gekommen – zu einer Festversammlung und zur Gemeinde derer, die als Erste geboren wurden und im Himmel aufgeschrieben sind.

Ihr seid zu Gott gekommen, der über alle Gericht hält, und zu den Gerechten. Sie sind schon zur Vollendung gelangt und ihr Geist ist schon bei Gott. (Hebr 12,22b-23)

Die Zehntausenden von Engeln, das sind die Menschen, die dir Gutes wollen. Es sind mehr, als du denkst. Das ist dein Reichtum. Folge Christus, und du wirst es verstehen.

„Ihr seid zu Jesus gekommen, dem Vermittler des neuen Bundes – und zu dem Blut, mit dem ihr besprengt seid und das machtvoller redet als das Blut Abels.

Gebt acht, dass ihr den nicht abweist, der so zu euch spricht! (Hebr. 12,24-25)

Der Prediger im Hebräerbrief hat nun alles aufgeboten, um uns hierhinzubringen, an die Seite Jesu von Nazareth, der der schwachen blutflüssigen Frau von seiner Kraft schenkt, der den Gelähmten aufrichtet und den Blinden sehend macht. Der den Zöllner und Geizhals Zachäus aufsucht und seine Fesseln löst, dass er wieder teilhaben kann am Leben mit den anderen. 

Der Prediger im Hebräerbrief will uns an die Seite dessen stellen, der auch unsere Not sah, und sich erbarmte, der unseren Tod starb, und uns darin gleich wurde, der Not und Tod überwand und uns voranging.  

 Der Prediger im Hebräerbrief sieht auch unsere Niedergeschlagenheit, und deswegen will uns diesen Ermutiger zur Seite stellen, der uns sagt: 

Ich mache deine müden Hände und deine erlahmten Knie wieder stark! 

Ich schaffe gerade Pfade für deine Füße.
Denn was lahm ist, soll nicht auch noch fehltreten, sondern geheilt werden.

Ich schließe dich ein in meinen Frieden mit allen Menschen, in meine Heiligkeit.
Ich lasse niemanden zurück.

Amen.

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