Glauben Sie an die Auferstehung?

Glauben Sie an die Auferstehung?

Glauben Sie an die Auferstehung?

# Predigt

Glauben Sie an die Auferstehung?

Liebe Gemeinde, 

glauben Sie an die Auferstehung? Jeden Sonntag bekennen wir: „Ich glaube an die Auferstehung der Toten. Oder denken Sie jedes Mal dabei: Naja, so richtig glaube ich nicht dran, beziehungsweise, ich deute das auf meine Weise. Nach dem Motto: Meine Seele wird bei Gott sein, irgendwie, das reicht mir. - Und ja, wenn das für Sie das richtige Bild ist, dann reicht es auch. 

Aber streng genommen, wenn wir uns ganz und gar am biblischen Auferstehungsglauben orientieren, ist das geschummelt. Streng genommen gehört zur Auferstehungsvorstellung, dass ein toter Leib wieder zu Leben erweckt wird. Dass sich Gebeine wieder mit Fleisch überziehen. Und dass ein mit allen Sinnen ausgestatteter Mensch wieder zum Leben kommt. Denn: Was wäre eine Seele ohne Sinne, ohne Empfindsamkeit? Eigentlich nichts. 

Lange Zeit haben die Menschen ihre Toten deshalb nicht eingeäschert. Der Leib wurde ja noch für die Auferstehung von den Toten gebraucht. Man hat sogar tote Kriminelle damit bestraft, dass man ihren Leib verbrannte, um sicher zu gehen, dass sie beim Jüngsten Gericht nicht dabei sein würden. 

Heute gibt es kaum noch Sargbestattungen. Fast alle Beerdigungen, die ich bislang als Pfarrer erlebt habe, waren Urnenbestattungen. Ich glaube, da hat sich niemand Sorgen gemacht – wegen der Auferstehung von den Toten. 

Und dennoch sagt der Apostel Paulus, dass vom Glauben an die Auferstehung alles abhänge. Der ganze christliche Glaube. 

„Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich“, sagt Paulus in 1. Korinther 15. Und wenn wir diesen Satz ernst nehmen, so wie Paulus ihn meint, mit leiblicher Auferstehung und allem, dann wird es für unseren Glauben heute eng. 

Deshalb lohnt sich ein Blick auf zwei neutestamtentliche Texte. Der erste ist der, den wir vorhin als Evangelium gehört haben. Zwei Frauen gehen zum Grab Jesu. Sie finden es leer vor. Und sie fliehen vor Entsetzen und sagen niemandem davon. 

Und der zweite steht beim Apostel Paulus, 1. Korintherbrief, Kapitel 15, die ersten 11 Verse. Da erzählt Paulus, was er von anderen Christen gelernt hat, als er Christ wurde, also etwa drei, vier Jahre nach Jesu Kreuzigung. Ich lese Ihnen den Abschnitt vor: 

Ich erinnere euch aber, Brüder und Schwestern, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr’s so festhaltet, wie ich es euch verkündigt habe; es sei denn, dass ihr’s umsonst geglaubt hättet. Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen. Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden. Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist. Ob nun ich oder jene:

Ich fasse zusammen: Der hingerichtete Jesus Christus wurde nach seinem Tod gesehen, namentlich von Kephas (also Petrus) und den Zwölfen, also dem engsten Jüngerkreis Jesu. Er ist noch von vielen anderen gesehen worden. Und wer ihn sah, den nannte man anschließend Apostel – einschließlich Paulus, der diesen Titel auch für sich beansprucht. 

„Er wurde gesehen“, das klingt eher nach Vision. Und mehr lässt Paulus auch nicht durchklingen. Dieser bei weitem älteste Bericht über die Auferstehung Jesu erzählt also nichts von einem wiederbelebten Körper, der wie ein Zombie durch die Gegend läuft. Sondern er berichtet nur: Jesus wurde gesehen. 


Der andere Bericht aus dem Markusevangelium ist sonderbar. Er ist es aus drei Gründen. 

Erstens endete mit ihm ursprünglich das älteste Evangelium. Wenn Sie Markus 16 in Ihrer Bibel nachschlagen, dann steht da nach Vers 8 meistens ein Sternchen, das vermerkt: Hier endete ursprünglich das Markusevangelium. Die darauffolgenden Verse 9 bis 20 wurden nachträglich ergänzt. Sehr alte Handschriften beweisen das. Und man kann sich vorstellen, warum die letzten 12 Verse ergänzt wurden. Denn es ist ganz und gar unmöglich, dass die Auferstehung nicht Freude, sondern Entsetzen auslöst. Und dass die einzigen Zeuginnen anschließend schweigen und niemandem davon erzählen. Dabei sollen sie doch das Gegenteil tun: nämlich vor Freude berichten.  

Und außerdem tauchen nur Frauen als Zeugen auf. Und Frauen galten damals im Judentum nicht als vollgültige Zeugen. Mit ihrer Aussage ließ sich damals nichts anfangen. 

Und deshalb sagen Forscher: So etwas erfindet man nicht. So etwas findet man vor, weil es eben so oder so ähnlich geschehen ist. 

Aus historischer Sicht muss also damals irgendetwas Bedeutsames vorgefallen sein. Mehr als nur eine Vision, mehr als eine Halluzination. Bestimmt war es nichts, was den Gesetzen der Natur widerspricht. Aber es muss dennoch etwas gewesen sein, das aus mutlosen und in alle Winde zerstreute Jünger glaubensstarke Bekenner machte. Alle Jünger – mit Ausnahme des Johannes – nahmen der Überlieferung zufolge das Martyrium auf sich. Sie entwickelten einen Bekennermut, der alle Welt erstaunte. – Sollten sie das wegen einer kollektiven Halluzination entwickelt haben? Ich kann es nicht glauben. 

Wir wissen nicht, wie sich die Auferstehung vollzog. Wir wissen aber, dass die Auferstehungserfahrung die Jünger verwandelte. Wir wissen, dass sie ihnen Mut machte, dass sie sie stark machte, dass sie sie befähigte, eine Weltreligion auszulösen. 

Und das, nachdem sie maximal drei Jahre mit Jesus durch Galiläa gezogen waren, eher weniger als drei Jahre. 

An Ostern versuchen wir, diese Erfahrung der Verwandlung von Schwäche zu Stärke, von Niedergeschlagenheit zu Mut, von Trauer zu Freude zu reaktivieren. Wir tun das, indem wir in der Osternacht den Wandel vom Dunkeln zum Hellen zelebrieren; indem wir Kerzen in der Dunkelheit anzünden; indem wir die Stille durchbrechen mit Jubelgesang. Da stellt sich etwas von dieser Erfahrung wieder her. 

Tagsüber geht das nicht ganz so gut. Aber wir können es auch probieren. Gleich, wenn ich die Kanzel verlasse, werde ich das Licht der Osterkerze denen in der ersten Reihe weiterreichen, und Sie reichen es durch die Bankreihen durch, und Sie werden sehen, wie es sich über die Kirche ausbreitet. Und so verbildlichen wir wenigstens ein kleines bisschen von der großen Osterhoffnung. 

Und vorher rufe ich Ihnen zu: Der Herr ist auferstanden. Dann antworten Sie und so laut, wie Sie können: „Er ist wahrhaftig auferstanden.“ Rufen Sie tapfer und mutig zurück. Je unbefangener Sie das tun, desto mehr werden Sie merken: Ja, die Auferstehungserfahrung lässt sich aufrufen. Wir können sie gemeinsam reaktivieren. Nur ein wenig. Aber immerhin. 

Lassen Sie sich von Ostern anstacheln. Lassen Sie sich ermutigen. Gehen Sie in diesen Tagen erhobenen Hauptes aus Ihrem Haus. Strecken Sie ihr Kinn aus in die Frühlingsluft. Denn: Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!

Amen.

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